Im Rhytmhus der Inseln – ein Frühling in Griechenland

 

Wir können es nicht so richtig glauben – nach über drei Monaten in der Türkei kommen wir endlich in Griechenland an. So lange haben wir uns darauf gefreut, dieses tolle Urlaubsland per Rad zu erkunden. Wird unsere Zeit in Griechenland so erholsam und entspannt werden, wie wir es uns vorgestellt haben?

Einen genauen Plan haben wir nicht, aber erst einmal wollen wir uns ein paar Inseln anschauen. Erste Station ist Kos, da es die nächstgelegene Insel vom türkischen Festland (Bodrum) aus ist. Danach wollen wir ein paar kleinere, unbekanntere Inseln erkunden.

Über unsere abenteuerliche Ausreise aus der Türkei könnt ihr im vorherigen Artikel lesen.

Auf Kos angekommen, fallen uns als Erstes die Radwege auf, die durch die gesamte Stadt führen. Wir schauen uns um und machen auf einer netten Terrasse eine Erfrischungspause. Das  Zweite, das uns auffällt, sind die hohen Preise: zwei Limos für 15 EUR. Willkommen in Europa! Ein ganz schöner Schock für uns nach neun Monaten in für uns sehr günstigen Ländern. Aber wir genießen die ersten Tage in Griechenland dennoch. Vieles ist, wie wir es uns vorgestellt hatten; auf den ruhigen Straßen der Insel macht das Radeln wieder richtig Spaß, das Essen ist toll und nach einer längeren Durststrecke in der Türkei schmeckt hier auch der Wein wieder gut 😊

Uns gefallen die kleinen Ortschaften mit den süßen Plätzen und Terrassen, die zum Verweilen einladen. Die Landschaft ist geschmückt mit unzähligen blau-weiß gestrichenen Kirchen – Griechenland wie aus dem Bilderbuch. Da erst April ist und die Touristenmassen noch nicht da sind, haben wir viele Strände für uns allein. Trotzdem möchten wir nach ein paar Tagen weiterziehen. Wir haben ein paar heiße Tipps für zwei kleine, unbekannte Inseln bekommen und die wollen wir uns auf jeden Fall anschauen. Und so geht es nach einer knappen Woche „Ankommen“ auf der Fahrradinsel Kos wieder auf eine Fähre, diesmal in Richtung Lipsi.

Als wir vom Hafen in Richtung Ortszentrum fahren, sind wir begeistert von diesem malerischen Flecken Erde. Es ist so friedlich und ruhig. Die türkisblaue Bucht, die weißgetünchten Häuser und eine beeindruckende Kirche, die über das Dorf wacht. Die nur 15 km² große Insel soll wunderschöne Strände haben und wir haben bei unseren Recherchen ein kleines Bio-Weingut entdeckt, wo wir unbedingt vorbeischauen wollen. Am ersten Tag campen wir hinter einer kleinen Kirche an einem der schönsten Strände der Insel. Am nächsten Tag geht’s zu Dimitris Farm, wo wir etliche seiner Naturweine aus Eigenproduktion probieren dürfen. Für den Weg gibt’s noch Mandeln – natürlich auch von der eigenen Farm – und am nächsten Tag steuern wir unser nächstes Ziel an: die nur 20 Fährminuten entfernte Insel Patmos.

Hier ist schon das Einlaufen im Hafen spektakulär: bereits von Weitem sieht man das mächtige Johanneskloster, das über den ganzen weißen Häuschen auf der Spitze des Hügels thront. Nachdem wir unsere Klamotten in einer kleinen Wäscherei im Zentrum gewaschen haben, machen wir uns auf die Suche nach einem Ort zum Mittagessen. Wir sollen nicht lange suchen, denn in Skala, der Hauptstadt von Patmos, gibt es tatsächlich ein veganes Restaurant. Ein wenig versteckt liegt die wunderschöne Terrasse in einem bunt dekorierten Garten. Ein magischer Ort. Alle Mitarbeiter und auch die Inhaberin und Köchin sind herzlich und aufgeschlossen und wir können uns mal wieder richtig schön austauschen. Hier, an diesem tollen Ort, treffen wir später auch noch ein Paar Radreisende aus der Schweiz. Ein ganz schöner Zufall auf dieser kleinen Insel mitten in der Ägäis.

Gut gestärkt machen wir uns auf nach Chora, die Altstadt von Patmos, um uns das imposante Johanneskloster näher anzuschauen. Steil bergauf geht es – diesmal zu Fuß – in den historischen Stadtkern. Wir verlieren uns in einem Labyrinth aus kleinen Gässchen, weißen Häusern und türkisblauen Türen und Fensterrahmen. Zwischendurch immer wieder blumige Akzente in lila und pink, historische Gebäude, Kirchen und vor allem: keine Menschenseele. Das Kloster hat leider zu, aber halb so wild. Schon der Spaziergang durch diesen Teil der Stadt ist den Aufstieg absolut wert. Außerdem gibt es noch weitere Fotomotive wie z.B. die Windmühlen von Patmos, von denen man auch einen tollen Blick auf das Kloster hat.

Die Insel gefällt uns so gut, dass wir froh sind, hier ein paar Tage bleiben zu können. Unser nächstes Ziel ist Athen und die Unterkunft dort bereits gebucht. Also lassen wir uns treiben, klappern so gut wie alle Strände der Insel ab und haben das Glück, eines Abends an einem der schönsten Strände mit kristallklarem Wasser unser Zelt aufzustellen. Am späten Abend kommen zwei Fischer vorbei, die sich von uns aber nicht stören lassen. Die restliche Zeit sind wir ganz allein. Am nächsten Morgen genießen wir die Ruhe, lesen und Vince schwimmt zu einem kleinen vorgelagerten Inselchen. Patmos ist wirklich ein Paradies! Natürlich hat die Saison noch immer nicht begonnen und in den Sommermonaten sieht das sicher auch anders aus.

Schweren Herzens verabschieden wir uns von unserer Trauminsel und begeben uns auf die schlimmste Fährüberfahrt, die wir je hatten. Acht Stunden durch die Nacht von Patmos nach Athen. Bei starkem Wind wanken wir die Treppen auf dem riesigen Schiff nach oben, denn mit Hund dürfen wir nur auf dem halb überdachten Deck Platz nehmen. Wir setzen uns auf zwei Bänke, zwischen uns ein verklebter Tisch, Armin zu unseren Füßen in einer Mischung aus Wasser und Dreck von draußen. Alles ist klebrig und es riecht nach Rauch. Es gibt keine Steckdosen und auch die Toiletten befinden sich ein Stockwerk tiefer. Der Sturm lässt nach und am Morgen erreichen wir Athen.

Hier wartet die nächste Herausforderung auf uns: zwölf Kilometer durch den Großstadtdschungel zu unserer Unterkunft radeln. Ganz schön ungewohnt nach zwei Wochen auf den idyllischen Straßen der griechischen Inseln. In Athen haben wir einiges zu erledigen: Armins Anhänger abholen (den wir zu einem Bikeshop in Athen haben liefern lassen), Räder reparieren (mein Rohloff leckt), Wintersachen nach Deutschland schicken, die weitere Route planen,… Die Stadt an sich gefällt uns nicht sonderlich und so planen wir die Weiterreise wieder in etwas ländlichere Gegenden und nehmen sicher auch noch die ein oder andere Insel mit 😉

Aber erst einmal gönne ich mir eine kleine Auszeit. Seit nunmehr einem Jahr reisen wir gemeinsam mit dem Rad und ein paar Tage Pause voneinander können sicher nicht schaden. Mein Ziel: Die Insel Agistri. Gerade mal 13 km² misst das Eiland und es gibt kaum Sehenswürdigkeiten. Ein Großteil der Fläche ist mit Wald bedeckt und es gibt ein paar schöne Strände. Perfekt um einfach mal abzuschalten. Drei Tage verbringe ich mit langen Spaziergängen, Baden im Meer, Podcasts hören und Eiskaffee schlürfen. Herrlich!

Zurück in Athen gibt es immer noch einiges zu erledigen, aber wir haben uns nun für eine Route entschieden: wir machen noch einen Zwischenstopp auf der Insel Ägina und werden dann die Halbinsel Peloponnes per Rad erkunden. Wir sind froh, den Trubel der Großstadt hinter uns zu lassen und freuen uns wieder auf ländliche Gegenden.

Leider haben wir gleich am ersten Tag auf Ägina einen kleinen Unfall. Armins Anhänger kippt während der Fahrt um und Armin landet auf der Straße. Zum Glück hat er nur ein paar Kratzer am Kinn, aber der vordere Reißverschluss des Trailers ist kaputt. Man kann ihn nicht mehr zu machen und somit ist Armin nicht vor Regen und Sonne geschützt. Auf die Schnelle finden wir keine Lösung, also fahren wir erst einmal so weiter.

Die Insel ist uns zu überlaufen, vor allem an der Küste, was wir aber auch hätten erwarten können, liegt Ägina doch nur 45 Fährminuten von Athen entfernt. Immerhin finden wir im Inselinneren ein bisschen Ruhe und einen gemütlichen Campspot neben einer kleinen Kirche. Am nächsten Tag fahren wir vorbei an unzähligen Pistazienfeldern zurück Richtung Hafen und rollen auf unsere vorerst letzte Fähre.

Angekommen in Methana, einer weiteren Halbinsel, die mit der Peloponnes verbunden ist, machen wir uns auf den Weg Richtung Epidavros, ein großes antikes Theater und eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Region. Zuerst müssen wir aber vorbei an der „Stinkebucht“, die ihrem Namen alle Ehre macht. Der schweflige Geruch spornt uns noch mehr an, schnell weiter zu radeln und endlich die wilde Schönheit der Peloponnes zu entdecken!

Wir sind überrascht über die Ruhe, die auf einmal herrscht. Gerade noch im trubeligen Ägina, finden wir uns auf einmal in einer Stille wieder, die fast schon unheimlich ist. Wir passieren ein, zwei Dörfer ohne jegliche Einkaufsmöglichkeit. Nicht mal ein kleines Café liegt auf unserem Weg. Zum Glück finden wir am späten Nachmittag noch einen kleinen Supermarkt, wo wir uns für Abendessen und Frühstück am nächsten Tag eindecken können. Gecampt wird diesmal neben einem Friedhof. Pluspunkt: fließend Wasser. Minuspunkt: Zecken und viel anderes Ungeziefer.

Am nächsten Tag werden wir von heftigem Regen überrascht und Armin wird krank. Wir schauen uns Epidavros an, radeln dann aber schnell in Richtung Nafplio, die nächste Stadt, weiter. Hier können wir Armin versorgen und uns die schöne Altstadt anschauen. Nafplio war einst die Hauptstadt Griechenlands. Das kann man sich von diesem bildhübschen Städtchen kaum vorstellen, zählt es heute gerade einmal 14.000 Einwohner. Wir sind froh, hier Halt gemacht zu haben, denn die Stadt ist wirklich sehenswert. Von der Burg Palamidi hat man eine atemberaubende Aussicht über das Meer und die Altstadt. Wir ruhen uns hier noch einen Tag aus, denn die nächste Etappe wird krass: wir wollen nach Sparta und von dort aus die Mani umrunden. Das ist der zweitwestlichste „Finger“ der Peloponnes und soll landschaftlich besonders schön sein. Auf uns warten über 5.000 Höhenmeter auf gut 300 Kilometern. Das wird sportlich!

Wir radeln weiter durch sehr ländliche Gegenden und machen unsere ersten Begegnungen mit den griechischen Wachhunden, die ihren Job sehr ernst nehmen. Wir sind stolz auf unseren Armin, der in ein paar brenzligen Situationen immer die Ruhe bewahrt und es somit nie zum Ernstfall kommt. Es wird heißer und heißer, als wir nach 2,5 Tagen in Sparta ankommen. Ein paar Höhenmeter müssen wir noch überwältigen, bevor wir Mystra erreichen, wo wir einen tollen Campingplatz mit Swimmingpool ausfindig gemacht haben.

Nicht nur der Campingplatz, auch die Umgebung ist wunderschön. Man kann in das bezaubernde Dorf spazieren mit seinen zahlreichen Kirchen und Steinhäusern, Wanderungen durch Wald und Berge unternehmen oder die beeindruckende archäologische Stätte besichtigen. Leider sind auf Letzterer keine Hunde erlaubt. Vincent schaut sich die Stätte samt Burg an und am nächsten Tag unternehmen wir eine Wanderung durch den Wald. Bei den mittlerweile sommerlich-heißen Temperaturen das perfekte Unterfangen, laufen wir doch vorwiegend auf schattigen Waldwegen. Immer wieder gibt es erfrischende Wasserquellen und Armin genießt den Ausflug ohne Räder wohl mindestens genauso sehr wie wir. Zum Abschluss noch einen Eiskaffee auf dem malerischen Dorfplatz und wir sind bereit für die Mani-Runde!

Es geht mal wieder rein ins Nichts und wir campen mitten in einem Olivenhain, versteckt hinter ein paar großen Bäumen, die uns am Morgen Schatten spenden. Wir machen Halt in der kleinen Küsten- und Hauptstadt der Region Gythio, die gerade mal einen Supermarkt hat. Und der hat am Samstagnachmittag zu. Wir finden noch einen Bäcker und einen Minimarkt, um zumindest das Nötigste einzukaufen.

Tags darauf finden wir einen verlassenen Spielplatz in einer Sackgasse direkt am Meer. Der Ort wirkt ausgestorben. Der perfekte Platz zum Campen! Tatsächlich verbringen wir den Abend und die Nacht ungestört, nur ein belgisches Wohnmobil lässt sich wenige Meter von uns entfernt für die Nacht nieder.

Weiter geht’s Richtung Süden. Um uns herum toben Gewitter, aber wir haben Glück und bleiben trocken. Und wieder gibt es einen Schlafplatz zwischen Olivenbäumen. Am nächsten Tag wollen wir Vathia besichtigen, ein altes Steindorf mit tollen Aussichten. Wir haben es nicht bereut, diese anstrengende Etappe auf uns zu nehmen! Nicht nur Vathia, auch viele andere, alte, teils verlassende Dörfer auf dieser Route haben uns staunen lassen.

Immer wieder tauchen halb auseinandergefallene Steintürme vor uns auf, in der Ferne sehen wir kleine Weiler aus Steinhäusern in schwindelerregenden Höhen und wir fragen uns, wie die Menschen an solch unzugänglichen Orten bauen konnten. Für uns mit dem Rad sind die meisten dieser Orte leider nicht erreichbar. Aber allein die Aussicht ist beeindruckend. Ein weiterer malerischer Ort ist Areopoli. Zwar für die Touristen herausgeputzt und vielleicht nicht ganz so authentisch, aber schön anzuschauen allemal.

Und so nähern wir uns langsam aber sicher Kalamata, dem Etappenziel. Olivenhaine über Olivenhaine prägen die Landschaft. Wir fahren vorbei an der Mani Olivenölmanufaktur. Jetzt wissen wir auch ganz genau, wo unser Olivenöl herkommt, das wir schon seit Jahren in Berlin benutzen 😊 Eine letzte Nacht zwischen Oliven, diesmal sogar mit Meerblick, und dann geht’s nach Kalamata. Dort haben wir uns eine Unterkunft gemietet, wo wir Wäsche waschen und uns von dieser anstrengenden, aber wunderschönen Tour erholen können. Nach zwei „Ruhetagen“ gefüllt mit vielen organisatorischen Aufgaben, einkaufen, telefonieren, etc. ist es auch schon an der Zeit wieder aufzubrechen.  

Es geht jetzt – Gott sei Dank – etwas flacher weiter, dafür aber nicht weniger heiß. Im Gegenteil: die Temperaturen klettern bis auf 36 Grad. Da hilft nur: Siesta und Frappé (bzw. Freddo Espresso, der mittlerweile unser Favorit ist)! An den heißesten Tagen machen wir Pause auf einem Campingplatz nahe der antiken Stadt Olympia. Wieder einmal haben wir Glück: die kleine Anlage mit Pool ist super in Schuss und wir werden von der 80-jährigen Campingplatzmutti Cathy in einwandfreiem Französisch empfangen. Die Pause tut gut; Vince schraubt am Trailer, ich schreibe am Blog und zwischendurch gibt es immer mal wieder einen erfrischenden Sprung in den Swimmingpool.

Am zweiten Tag lernen wir Jacques und Jacqueline aus Frankreich kennen. Sie haben sich zum Renteneinstieg eine Radreise durch Europa gegönnt. Seit zwei Monaten sind die beiden unterwegs und wir tauschen uns rege über unsere Erfahrungen aus. Seit langem mal wieder eine sehr bereichernde und inspirierende Begegnung, an die wir uns noch lange erinnern werden. Wir hoffen, diese sympathischen Menschen irgendwann einmal wiederzusehen.

Bald vier Wochen sind wir nun schon auf der Peloponnes und bald zwei Monate in Griechenland. Die Sehnsucht nach Neuem wächst und wir wollen schnellstmöglich nach Albanien. Wir bewegen uns also Richtung Norden, wollen aber nochmal Inselluft schnuppern, bevor wir das Land verlassen. Auf geht’s nach Kefalonia. Die größte der Ionischen Inseln soll touristisch noch nicht ganz so überlaufen sein und viel unberührte Natur zu bieten haben. Gerade aus dem Hafen herausgefahren, geht es auch schon bergauf. Die Insel ist wirklich sehr, sehr bergig. Der höchste Gipfel misst immerhin über 1600 Meter! Wir schaffen an diesem Nachmittag gerade einmal zehn Kilometer in der brütenden Hitze, finden dann aber glücklicherweise eine kleine Kirche mit einer Frischwasserquelle: Jackpot! Hier wird heute Nacht das Zelt aufgeschlagen.

Am nächsten Tag geht’s dann wieder auf einen Campingplatz. Ja, wir sind zu Fans von Campingplätzen in Griechenland geworden. Auch hier gibt es wieder einen schönen Poolbereich, allerdings ist der Campingplatz sehr groß und auch nicht ganz so sauber wie die vorherigen. Wir bleiben nur noch zwei Nächte auf der Insel und wollen noch eine Tour mit den Rädern machen, diesmal aufgrund der Höhenmeter aber ohne Packtaschen! Nur 17 Kilometer entfernt soll sich der schönste Strand der Insel – und angeblich einer der schönsten ganz Griechenlands – befinden. Wir machen uns auf zum Myrtos Beach und von oben ist der Anblick wirklich atemberaubend. Es ist aber auch eine ganz schöne Schinderei, wieder hoch auf die Hauptstraße zu strampeln. Selbst ohne unser schweres Gepäck kommen wir ziemlich ins Schwitzen.

Tags darauf geht’s wieder per Fähre weiter. Um schnellstmöglich in den Norden des Landes zu kommen, geht es auf einer zehnstündigen Überfahrt nach Korfu. Dort wollen wir Vince’s ehemaligen Kollegen treffen, der dort gerade mit seiner Freundin Urlaub macht. Wir verbringen einen tollen gemeinsamen Abend auf einem Weingut und wenige Tage später verlassen wir Korfu auch schon wieder. Da Armins Anhänger nun wirklich anfängt den Geist aufzugeben, haben wir uns einen neuen bestellt. Mit ganz viel Glück haben wir in Nordgriechenland jemanden gefunden, der nicht nur den Anhänger für uns in Empfang nimmt, sondern uns auch für ein paar Tage beherbergen kann.

Aber so weit ist es noch nicht. Von Korfu aus nehmen wir die Fähre nach Igoumenitsa, eine triste Hafenstadt ohne Sehenswürdigkeiten. Leider haben wir keine Neuigkeiten zu unserer Bestellung, also beschließen wir, ein paar Tage hier zu verbringen und uns nicht bei dieser Hitze die Berge hoch zu quälen. Wie es der Zufall will, sind gerade jetzt zwei Freundinnen von mir im Urlaub auf der Kykladeninsel Serifos. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch mit einem Treffen klappt, aber da wir nun festsitzen und auf unsere Lieferung warten, ist es DIE Gelegenheit!

Ich begebe mich also mal wieder alleine auf den Weg – diesmal mit Bus und Fähre – und überrasche die zwei auf der Insel! Wir verbringen drei wunderschöne Tage zusammen und ich genieße die gemeinsame Zeit sehr. Serifos ist ein Traum! Obwohl bereits Mitte Juni ist, sind die Strände nicht überlaufen und auch in den Cafés und Restaurants findet sich immer ein Plätzchen. Perfekt zum Energie tanken, denn die kommenden Wochen sollen wieder sehr fordernd werden.

Gegen drei Uhr morgens komme ich wieder in Igoumenitsa an und nur knapp zwei Stunden später schwingen wir uns auf die Räder. Mittlerweile ist es so heiß, dass wir so früh morgens los fahren müssen, da es bereits ab zehn Uhr beinahe unmöglich ist, weiter zu radeln. Zwei Tage brauchen wir, um in das Bergdorf Zitsa zu unserem Host zu kommen. Die Hitze macht uns sehr zu schaffen und wir sind mehr als froh, als wir nach einem letzten schweißtreibenden Anstieg endlich oben ankommen. Mittlerweile soll auch unser neuer Anhänger angekommen sein, allerdings wurde er in eine Packstation geliefert, die 15 Kilometer vom Dorf entfernt ist.

Als wir den Anhänger abholen und montieren wollen, wird uns bewusst, dass uns ein wichtiges Teil fehlt. Wir benötigen einen Adapter, um den Anhänger ans Fahrrad zu kuppeln. Das heißt für uns: noch einmal eine Bestellung in Deutschland machen und noch ein paar Tage in Zitsa bleiben. Zum Glück haben wir die besten Gastgeber überhaupt. Kostas, Anna und ihre beiden Mädels sind so herzlich und gastfreundlich, dass wir am Ende sogar froh sind, in diesem kleinen Bergdorf stecken geblieben zu sein.

Wir nutzen die Zeit, um richtig in das griechische Landleben einzutauchen und die Umgebung zu erkunden. Obwohl die Sommersaison längst begonnen hat, ist es in und um Zitsa ruhig. Die Region ist (noch) vom Massentourismus verschont geblieben. Wir sind die einzigen Touristen im Dorf und können so auf authentische Art und Weise den griechischen Alltag auf dem Land kennenlernen. Wir kochen und essen gemeinsam mit Kostas und seiner Familie, verbringen die Nachmittage bei Frappé in der Dorftaverne mit den Einheimischen und besuchen ein traditionelles Musikfestival.

Und wir treffen Jacqueline und Jacques wieder! Sie sind zufällig auch in der Gegend und wir verbringen einen tollen Tagesausflug an der Vikos-Schlucht zusammen. Die Blicke hinunter in die Schlucht sind spektakulär und wir können es kaum glauben, dass wir auch hier fast die einzigen ausländischen Besucher sind. In der Umgebung gibt es so viel zu sehen: malerische Steindörfer, Bogenbrücken und alte Treppen, die einst abgeschiedene Dörfer miteinander verbunden haben.

Auch kulinarisch kommen wir auf unsere Kosten: um Zitsa gibt es mehrere Weingüter und wir dürfen selbstgemachten Naturwein probieren. Kostas ist außerdem Meisterbäcker und betreibt seit Jahren die Dorfbäckerei mit seiner Frau. Hier gab es für uns das beste Sauerteigbrot seit Langem! In der Hauptstadt der Region, Ioannina, schlemmen wir hausgemachte, frische Spinat-Fenchel-Pita und zuckersüße Baklava.

Und dank Expressversand ist unser Adapter bereits nach drei Tagen angekommen. Nun kann es endlich weitergehen. Auch wenn wir die Zeit bei Kostas & Family sehr genossen haben, sind wir froh, weiterradeln zu können. Nur noch vierzig Kilometer trennen uns von Land Nummer 13 unserer Reise und wir können es kaum erwarten, Albanien mit dem Rad zu erkunden…