Durch Süditalien und Sardinien - Dolce Vita mit holprigem Start

Am 18.07.2024 fahren wir nach 16 Stunden auf der Fähre ziemlich gerädert in die wunderschöne Altstadt Baris, die nur einen Katzensprung vom Hafen entfernt ist. Wir freuen uns auf den ersten italienischen Kaffee und ein bisschen Dolce Vita. Aber daraus wird erst einmal nichts! Der Stress der letzten Nacht an Bord und die unglaubliche Hitze in unserer Kabine haben Armin zugesetzt und leider gab es einen unschönen Unfall in seinem Anhänger 💩 Zu allererst müssen wir also einen Ort finden, um Hund und Trailer zu reinigen. Zeit für einen Kaffee haben wir uns dann trotzdem noch genommen, bevor wir völlig erschöpft in unserer Unterkunft einchecken.

Wir buchen spontan direkt eine zweite Nacht, weil uns klar ist, dass wir einen Ruhetag brauchen, um uns vom Stress der letzten Tage zu erholen. Es ist immer noch sehr heiß mit Temperaturen um die 35 Grad. Also warten wir mal wieder bis zum Abend, um die malerische Altstadt von Bari zu erkunden. Sobald es dunkel wird, erwacht die Stadt zum Leben. Die kleinen Gassen, Terrassen und Cafés sind gut besucht und wir finden ein Plätzchen in einem kleinen Streetfood-Lokal und probieren typische regionale Köstlichkeiten. Zum Abschluss gibt’s natürlich noch ein Eis – ein bisschen Dolce Vita muss schon sein!

Unser erster Radeltag in Italien soll uns dann vor einige Herausforderungen stellen. Mal wieder geht’s früh um fünf Uhr los wegen der weiterhin anhaltenden Hitze. Irgendwann bemerken wir ein Sackgassenschild, fahren aber trotzdem weiter, weil wir überzeugt sind, dass das nur für Autos gilt und wir mit unseren Rädern schon irgendwie durchkommen. Nach ein paar Kilometern ist die Straße dann tatsächlich zu Ende und wird zu einem „Weg“. Durch Gestrüpp und über Steine müssen wir ca. zwei Kilometer in der Hitze schieben, bis wir wieder auf eine asphaltierte Straße kommen. Aber das war noch nicht der Höhepunkt des Tages!

Kurz nachdem wir wieder auf die Räder gestiegen sind, bemerken wir, dass der Anhänger platte Reifen hat. Jap. Beide Reifen komplett platt. Während wir in der prallen Sonne die Reifen flicken, kommen ein paar Autos vorbei. Ob wir eventuell Hilfe benötigen, fragt uns keiner. Ein Mann schnauzt uns an, dass es gefährlich ist einfach am Straßenrand anzuhalten. Willkommen in Italien!

Als wir gerade weiterfahren wollen, ziehen auf einmal dunkle Wolken auf. Lange haben wir auf Regen und Abkühlung gewartet, aber dass es gleich so heftig herunterkommt, hatten wir nicht erwartet. Es schüttet so sehr, dass wir kaum noch etwas sehen können und verzweifelt suchen wir nach einem Unterschlupf. Nach ungefähr einer halben Stunde ist es dann auch schon wieder vorbei und genauso heiß wie vorher!

Für Aufmunterung sorgt unser Etappenziel: die Stadt Altamura. Sie ist auch als Stadt des Brotes bekannt und wir mussten dort einfach Halt machen. Das Stadtzentrum ist wirklich hübsch mit seinen schmalen Gassen und der beeindruckenden Kathedrale. Und zu unserer Überraschung sind kaum Touristen da. Dabei hat die Stadt einiges zu bieten: neben den imposanten Bauwerken gibt es hier eben auch uralte Bäckereien, wo noch auf traditionelle Weise Brot gebacken wird. Uns gefällt die Atmosphäre hier total gut, wir besuchen die älteste Bäckerei der Stadt und abends gibt’s beste Pasta in einem winzig-kleinen Restaurant, in dem wir die einzigen Touristen sind.

Tags darauf geht’s ins nur 20 Kilometer entfernte Matera. Die „Stadt der Steine“ ist aufgrund ihrer einzigartigen Architektur bei Besuchern aus der ganzen Welt beliebt. Schön anzusehen ist der Ort auf jeden Fall und definitiv einen Besuch wert; für uns allerdings zu überlaufen, zumal ja auch gerade Hochsaison ist. Also schnell weiter Richtung Süden. Wir wollen an die Küste und dann Richtung Kalabrien radeln. Doch das ist leichter gesagt als getan.

Die nächsten Tage werden zur Geduldsprobe für uns. Ständig landen wir in Sackgassen oder auf der Autobahn, wo Fahrradfahren verboten ist. Unser GPS schickt uns auf die unmöglichsten Wege und das alles bei weiterhin täglich 35-40 Grad. Jeden Tag fragen wir uns, wo und wie wir bei der Hitze schlafen sollen und wir kommen kaum voran. Am vierten Tag treffen wir eine Entscheidung: die Küstenregion hier ist einfach nicht mit dem Rad zu bewältigen. Wir müssen und wollen in die Berge, in angenehmeres Klima und eine weniger stark besuchte Region. Am nächsten Tag fahren wir ca. eine Stunde mit dem Zug und schon sind wir in Kalabrien, genauer gesagt in Corigliano. Von dort starten wir in unsere erste Bergetappe in Italien.

Wetterbedingt geht’s wieder sehr früh los, aber schon um halb neun morgens haben wir uns auf 1000 Meter über Meeresspiegel hochgestrampelt. Endlich Erleichterung: hier oben ist es fast zehn Grad kühler als an der Küste. In der ersten Nacht auf ca. 1300 M.ü.M. müssen wir sogar Pullover und Schlafsack auspacken. Ein Traum!

Wir radeln durch den Nationalpark „Sila“ auf einem Teil des „Ciclovia dei Parchi“, einem Radwegenetz der Region Kalabrien und wir fühlen uns wie in einer anderen Welt: wenig (aber sehr nette) Menschen, angenehmes Klima, leichte Schlafplatzsuche, einfach entspanntes Radreisen. Wir probieren ein paar gute Tropfen auf Europas höchstgelegenem Weingut, essen traditionell im kalabrischen Gasthaus und zelten mit Seeblick. Ein paar Tage Pause von der Dauer-Hitzewelle tun so gut! Leider müssen wir die Berge bald wieder verlassen und Richtung Neapel fahren, da wir von dort per Fähre nach Sardinien wollen.

Auf dem Weg vom Nationalpark an die Küste Kalabriens machen wir noch Halt in Vibo Valentia, einem süßen Städtchen zwischen Bergen und Meer, bevor wir den Zug nach Neapel nehmen. Es ist weiterhin sehr heiß und es wurde uns mehrfach abgeraten, über die Küstenstraße zu radeln. Zu voll und zu gefährlich. Und sie sollten Recht behalten; allein die paar Kilometer zum Bahnhof, die wir auf dieser viel befahrenen Straße fahren müssen, sind nervenaufreibend. Es gibt keinen Platz für uns Radfahrende und die meisten Autos fahren viel zu schnell.

Nach nur vier Stunden Zugfahrt erreichen wir Neapel, die kulinarische Hauptstadt Italiens, wo wir eine gute Woche verbringen werden. Abgesehen von der Pizza gibt es in Neapel nicht viel, was uns gefällt; der Verkehr ist chaotisch, die Leute laut und unfreundlich und die Unterkünfte teuer. Während unseres gesamten Aufenthalts bleibt es weiterhin heiß und die Stadt zu erkunden wird zur schweißtreibenden Herausforderung. Gern hätten wir uns mehr angeschaut, ein bisschen die Umgebung erkundet, aber die hohen Temperaturen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Wir freuen uns auf Sardinien, wo wir wieder auf mehr Natur und Berge hoffen. Aber erst müssen wir eine 15-stündige Fährfahrt hinter uns bringen. Da alle Kabinen bereits ausgebucht waren, verbringen wir die Nacht im Bordrestaurant auf unbequemen, harten Sesseln. Die meisten Passagiere machen die Fahrt wohl nicht zum ersten Mal: alle haben sie Matratzen und Schlafsäcke dabei und machen es sich überall auf dem Fußboden bequem. Tja, unsere Fahrräder samt Gepäck befinden sich in der Garage und wir haben während der gesamten Reise keinen Zugriff darauf. Nächstes Mal sind wir schlauer!

Am nächsten Morgen kommen wir im Hafen von Cagliari an und sofort bemerken wir, wie sauber die Stadt ist. Ein riesiger Unterschied zu den Regionen, die wir auf dem Festland gesehen haben.