Albanien - ab durch die Hitze und K.O. in Tirana
02.07.2024, 09:00 Uhr: Wir sitzen an einer Tankstelle kurz hinter der griechisch-albanischen Grenze beim ersten Kaffee des Tages. Über vierzig Kilometer durch die Berge Nordgriechenlands haben wir bereits hinter uns. Wir beschließen, uns eine Unterkunft in der UNESCO-Stadt Gjirokaster zu suchen und dort meinen Geburtstag zu verbringen. Noch knapp 30 Kilometer die flache (!) Hauptstraße entlang und wir erreichen das malerische, aber auch sehr touristische Städtchen. Nach einem herzlichen Empfang mit Wassermelone und selbstgebackenem Brot ruhen wir uns aus und planen die nächsten Tage.
Drei Nächte verbringen wir insgesamt in der Stadt. An meinem Geburtstag besichtigen wir die geschichtsträchtige Burg und die Altstadt und am nächsten Tag machen wir eine Wanderung zu einem alten Aquädukt. Mein Handy geht kaputt, aber es war so oder so an der Zeit für ein Neues und in der Stadt ist das relativ schnell und einfach geregelt.
Die kommenden Tage sollen leider nicht so entspannt verlaufen; Die Temperaturen, die schon seit Wochen nicht unter 30 Grad fallen, steigen weiter und machen das Radfahren zur echten Herausforderung. Fast täglich haben wir mit knapp 40 Grad zu kämpfen und müssen uns die Straße Richtung Hauptstadt Tirana mit vielen Autos, LKW und Bussen teilen – bei der Hitze alles andere als angenehm! Dazu kommt der beißende Gestank von verwesenden Tierkadavern, verbranntem Müll und Petrol. Uns wird richtig schlecht und das Radeln macht so überhaupt keinen Spaß. Auch das frühe Aufstehen um 3 Uhr, um die allergrößte Hitze zu vermeiden, bringt uns völlig aus dem Rhythmus, macht uns müde und gereizt.
Selbst das Campen ist hier schwierig, da wir meistens auf der Hauptstraße fahren und kein ruhiges Plätzchen finden. Eine kleine Aufmunterung ist zwischendurch die albanische Gastfreundschaft. Immer wieder bekommen wir Wasser, manchmal auch ein bisschen Obst geschenkt. Die Leute sind generell sehr freundlich und interessiert. Alle wollen sie wissen, wie uns denn ihr Land gefällt. So eine Frage würde man in Griechenland wohl kaum gestellt bekommen. In den Unterkünften wird sich immer nach unserem Wohlergehen erkundigt und gefragt, ob wir irgendetwas brauchen.
Auch für Armin ist die Hitze unerträglich und beim Versuch, ihn angeleint am Fahrrad laufen zu lassen, geht nun auch noch eine von Vince‘ hinteren Radtaschen kaputt. Wir sind fix und fertig, als wir nach vier Tagen in Tirana ankommen und leider ist wettertechnisch keine Besserung in Sicht. Tagsüber können wir nicht raus und verkriechen uns im klimatisierten Apartment, das wir für die Woche gemietet haben. Erst ab ca. 21 Uhr wird es etwas angenehmer und wir gehen mit Armin im Park spazieren. So haben wir uns unseren Aufenthalt in der albanischen Hauptstadt nicht vorgestellt!
Als uns klar wird, dass die Hitzewelle weiter anhält und es absolut keinen Sinn macht, mit dem Fahrrad weiter in die Berge zu fahren, überlegen wir uns einen neuen Plan. Schweren Herzens entscheiden wir uns, für ein paar Tage ein Auto zu mieten, um doch noch die albanischen Alpen besuchen zu können. Diese Bergregion im Norden des Landes war eigentlich eines unserer Hauptziele hier und viel lieber wären wir dort hoch geradelt. Im Nachhinein war es aber definitiv die richtige Entscheidung, einen Mietwagen zu nehmen.
Wir packen unsere Campingausrüstung und unsere Klamotten und machen uns auf zu einem dreitägigen Roadtrip. Die Fahrräder dürfen wir freundlicherweise auf dem Hof unserer Unterkunft stehen lassen. Erster Stopp ist die Stadt Skodra mit der Burg Rozafa. Die Stadt an sich finden wir nicht besonders schön, aber von der Burg hat man einen wirklich tollen Blick auf die umliegende Landschaft. Wir waren auch noch pünktlich zum Sonnenuntergang dort, was das ganze zu einem echten Highlight machte.
Tags darauf ging es dann ab in die Berge und uffff, was waren wir froh, das Ganze nicht mit den Rädern gemacht zu haben! Die Straße war so schmal, dass kaum zwei Autos aneinander vorbeifahren konnten. Ständig musste man ausweichen oder anhalten. Und es war höllisch viel los: Vans, Wohnmobile und Touri-Busse überall. Schon mit unserem kleinen Mietauto war die Strecke anstrengend, wir wollen uns gar nicht vorstellen, wie es mit dem Fahrrad gewesen wäre! Die Aussichten entschädigen zumindest ein wenig. Die Bergwelt hier oben ist wirklich spektakulär. Im Hauptort Theth angekommen sind wir allerdings ein bisschen enttäuscht: Menschenmassen, Bars und Restaurants mit wummernder Musik und Abfall überall. Naturnah und idyllisch sieht anders aus…
Wir fahren ein paar Kilometer weiter (wir sehen den großen Vorteil eines motorisierten Untersatzes, der es uns erlaubt, so spontan zu sein) und unternehmen eine kleine Wanderung zum „Blauen Auge“, eine Art kleiner See, dessen Wasser im Licht blau schimmert. Ein netter Spaziergang, aber nichts Besonderes, wie wir finden. Abends landen wir auf einem tollen, neu eröffneten Campingplatz mit grandiosem Bergblick. Wir kommen mit einer kleinen Gruppe Franzosen ins Gespräch und gehen gemeinsam im benachbarten Gasthaus essen. Ein gelungener Abschluss für unseren ersten Tag in den Bergen.
Am nächsten Tag finden wir einen wunderschönen, unbekannten Wanderweg durch kühle Wälder und über grüne Wiesen. Wir befinden uns auf knapp 1000 Metern über dem Meeresspiegel und die Temperaturen sind einfach mal angenehm! Abends wieder Einkehr auf einem tollen Campingplatz mit hervorragendem Dinner (hausgemachte Brennnesselsuppe und Gemüsepasta) zu unschlagbarem Preis. Das nutzen wir aus, bevor es ins teure Italien geht! Noch einen leckeren Kaffee auf dem Campingplatz am nächsten Morgen und schon geht’s wieder Richtung Tirana, denn heute müssen wir das Auto wieder abgeben und morgen legt unsere Fähre Richtung Bari ab.
Noch eine Nacht in unserer Unterkunft und dann heißt es mal wieder um 3 Uhr aufstehen und um 4 Uhr losradeln um die größte Hitze zu vermeiden. 6:45 Uhr kommen wir in der Stadt Dürres, wo die Fähre nach Italien abfährt, an. Wir schleppen uns von Café zu Café, um den Tag zu überstehen, denn draußen in der Sonne ist es kaum auszuhalten. Die Fähre geht erst um 23 Uhr. Dass sie letztendlich sogar erst um 2 Uhr nachts ablegen wird, wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aber es ist auch so schon anstrengend genug.
Beim Boarding gegen 19 Uhr treffen wir unsere neuen Freundinnen aus Frankreich wieder, die wir auf dem Campingplatz in den Bergen kennengelernt hatten. Lange Stunden auf der Fähre liegen vor uns. Es geht ewig nicht los und unsere Kabine ist nicht nur winzig klein, sondern auch unglaublich stickig und heiß. An schlafen ist erst einmal nicht zu denken. Wir wollen uns noch Wasser an Bord besorgen, aber unser albanisches Geld wird nicht akzeptiert, Kreditkarte genauso wenig. Eine kleine Flasche Wasser bekommen wir dann doch noch irgendwie. Zum Glück haben wir uns etwas zu Essen mitgenommen!
Nach 16 Stunden an Bord kommen wir im Hafen von Bari an. Neues Land, neues Glück?